The Document Foundation hat heute nachstehenden offenen Brief versandt,
um zur aktuellen Debatte bezüglich der künftigen IT-Strategie der Stadt
Freiburg Stellung zu nehmen.
Das Originaldokument steht unter
http://wiki.documentfoundation.org/File:OffenerBriefFreiburg.pdf zur
Verfügung.
Gleichzeitig zeichnet The Document Foundation den offenen Brief der Open
Source Business Alliance unter
http://www.osb-alliance.de/fileadmin/Themen_News/121116_B_Stadt_Freiburg.pdf
mit.
Sehr geehrte Damen und Herren,
als Herausgeber der freien Office-Suite LibreOffice bedauern wir die
Überlegungen der Stadt Freiburg außerordentlich, sowohl einen
Rückschritt hin zu proprietärer, geschlossener Software, als auch eine
Abkehr vom offenen OpenDocument-Standard durchzuführen. Mehrere Thesen
des Gutachtens erscheinen bereits im Ansatz falsch.
Nach unserer Kenntnis wurde kein Experte für freie Software und Open
Source zu Rate gezogen. So ist in Fachkreisen anerkannt, dass die
Gründung von LibreOffice gerade nicht zu einer Schwächung der
Entwicklergemeinschaft geführt hat. Vielmehr wurde erst durch die
Gründung des wirtschaftlich unabhängigen LibreOffice-Projekts die Zahl
der Entwickler deutlich gesteigert. [1]
Die Document Foundation, eine gemeinnützige, rechtsfähige Stiftung des
bürgerlichen Rechts mit Sitz in Berlin, garantiert die dauerhafte und
kontinuierliche Weiterentwicklung von LibreOffice, unabhängig von den
wirtschaftlichen Interessen einzelner Hersteller. So konnten neben
großen, internationalen Unterstützern wie Intel, Google, Red Hat und
SUSE auch immer mehr deutschsprachige Unternehmen in die Mitarbeit
eingebunden werden. Diese bieten kompetent Migrationsberatung,
Anwendungsentwicklung und professionellen Support an, was zudem neue
Arbeitsplätze gerade auch in Deutschland geschaffen hat. Die im
Gutachten aufgestellte Behauptung, der Support für freie Software sei
nur eingeschränkt gewährleistet, erscheint deshalb nicht haltbar.
Vernachlässigt wurde aus unserer Sicht auch der Aufwand für die
Migration und Schulung auf aktuellere Microsoft-Produkte, die sich
insbesondere in der Bedienerführung, als auch in zahlreichen technischen
Details von ihren Vorgängern unterscheiden, und somit teure Anpassungen
an Fachanwendungen erforderlich machen.
Die Migration auf freie Software ist dabei keine bloße Theorie, wie
unter anderem das positive Beispiel der Stadt München zeigt, die durch
ihr professionelles Migrationskonzept schon mittelfristig Vorteile
erzielen konnte. Aktuelle LibreOffice-Migrationsprojekte finden
beispielsweise in den Kopenhagener Krankenhäusern, der Region Umbrien,
den Provinzen Mailand und Bozen, den Städten Las Palmas (Spanien),
Limerick (Irland) und Largo (Florida) statt. Unsere jüngst durchgeführte
LibreOffice Conference in Berlin, mit 200 Teilnehmern aus über 30
Ländern, wurde sowohl vom Bundeswirtschafts- als auch vom
Bundesinnenministerium unterstützt, die sich über die Bedeutung freier
Software im Klaren sind und offene Dokumentformate und freie Software
dadurch bewusst fördern wollen.
Viele Aufgabenstellungen sind aus unserer Praxiserfahrung durchaus
lösbar. Zu bedenken ist, dass eine Rückmigration hin zu proprietärer
Software die Bindung an und Abhängigkeit von einer einzelnen Lösung
einer einzigen Firma zementiert und Investitionen für Lizenzkosten
erforderlich macht, anstatt in ein existierendes Ökosystem einheimischer
Firmen zu investieren, welche bei der Migration kompetente Hilfestellung
leisten können.
Zudem bedeutet eine Rückmigration mitnichten, dass die Aufgaben kleiner
werden – im Gegenteil, eine solche Entscheidung macht einen zusätzlichen
enormen personellen, finanziellen und zeitlichen Aufwand erforderlich,
der im Interesse aller Beteiligten, insbesondere auch im Interesse der
Steuerzahler, vermieden werden sollte.
Die Rückmigration hin zu proprietärer Software ist aus unserer Sicht
eine falsche Entscheidung, opfert die Stadt Freiburg dadurch doch
Freiheit und Unabhängigkeit. Würde sie die gleichen Mittel in die
Umsetzung des ursprünglichen Beschlusses investieren, so wären die
angesprochenen Probleme sicherlich lösbar.
Als gemeinnützige Stiftung The Document Foundation bieten und vermitteln
wir Ihnen gerne fachliche Unterstützung in allen Fragestellungen rund um
offene Dokumentenaustauschformate und den Einsatz unserer freien
Office-Suite LibreOffice an.
Hochachtungsvoll
Florian Effenberger
Vorstandsvorsitzender
The Document Foundation
Thorsten Behrens
Stellvertretender Vorstandsvorsitzender
The Document Foundation
[1]
http://conference.libreoffice.org/talks/content/sessions/003/files/berlin-achievements.pdf
--
Florian Effenberger, Chairman of the Board (Vorstandsvorsitzender)
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- [de-discuss] Offener Brief an die Stadt Freiburg · Florian Effenberger
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