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Hallo Jörg, alle,

eigentlich nur kurz, da dieser Punkt gerade für diejenigen, die nicht die 
Entwicklung der letzten 5 Jahre mitgemacht haben, möglicherweise
mit der falschen Gewichtung ankommt.

Aber ich kann das einfach nicht - deshalb doch wieder länger...

Jörg Schmidt schrieb:
 
Hallo Nino, *,

Nino Novak schrieb:

[...]
In Ninos Posting ging es wirklich um das Verhältnis zwischen Apache und TDF
sowie die Frage, ob bei der Gründung von TDF Apache als Option ins Auge
gefasst wurde (ja - wurde aber verworfen, u.a. wegen der inkompatiblen Lizenz) 
und ob/wie eine Zusammenarbeit zukünftig möglich sei (eher nur punktuell - auch
hier steht die Apache-Lizenz als Hauptgrund im Weg).


Es gibt eine sehr kurze Antwort darauf: Ideologie.

Prizipiell noch richtig, hilft aber erst nach einigen Erläuterungen weiter.

Formaler Ausdruck ist das sich die bevorzugten Lizenzen von TDF und Apache entgegenstehen, 
gleichzeitig aber Ausdruck der verschiedenen Aufassungen von Freiheit sind - einerseits der Zwang 
zur Freiheit im goldenen Käfig im Sinne der FSF, andererseits die Freiheit die auch die Freiheit 
der anderen achtet im Sinne BSD-artiger Lizenzen.

Und hier muss ich Andres Recht geben:  Diese stark gewichtete Antwort 
kann als "flaming" verstanden werden:

Die Lizenz von OOo ist LGPL - eine freie Lizenz (auch im Sinne der FSF), die
auch kommerziellen Nutzern und Weiter-Vertreibern die Möglichkeit einräumt, 
ihre kommerziellen Codeanteile mit dem Code zu verbinden, ohne gleich 
ganz darin aufzugehen.

Dies als "goldenen Käfig" im Sinne der FSF zu deuten, ist in meinen Augen 
mehr als nur einseitig.

LibreOffice lizensiert die neuen Code-Beiträge zusätzlich unter MPL. Diese Lizenz
wurde soweit mir bekannt ist, gerade für Unternehmen wie IBM eingeführt, da 
diese mit der Mozilla-Lizenz Erfahrungen haben und es auch positive Signale für
eine Weiterentwicklung unter dem Lizenzmodell LGPL3+ / MPL gegeben haben soll.

Dass Oracle sich geweigert hat, den bisherige OOo-Code (auch) unter diese beiden 
Lizenzen zu stellen und stattdessen mit der Apache-Lizenz einen völlig neuen Weg
für OOo eingeht, ist hier sicherlich allen bekannt.

Erstmals seit der Freigabe des OOo-Codes durch Sun haben jetzt (bzw. in Zukunft, 
wenn AOO von allen LGPL-only Teilen befreit ist und dann wieder als OfficeSuite
funktioniert) kommerzielle Anbieter die Möglichkeit, ohne Einzelverhandlungen mit
dem Rechteinhaber (durch Joint Copyright Sun bzw. Oracle) den OOo-Code zu
verwenden, ohne sich um eine Beteiligung an der Community oder Verbesserung
des Original-Codes kümmern zu müssen.

Soweit zum Haupt-Thema.

Jetzt zu einem Nebenschauplatz, den Jörg als "Beweis" für eine Richtungsänderung
der TDF ins Feld führt (und die klare Richtungsänderung zu AOO unter den Tisch kehrt):

Die TDF setzt hierbei die Annäherung an die FSF und deren Extrem-Positionen fort 

Allgemein gesehen ist das in meinen Augen einfach falsch - sonst wäre LibreOffice 
unter GPL ohne jegliche LGPL oder MPL-Erweiterung lizensiert worden.

denen beispielsweise das OOo-CommunityCouncil schon vor Jahren eine glasklare 
Abfuhr betreffs der dreisten Forderungen der FSF zur Ooo-Extensions-Seite erteilt hatte:

"[...] Key to OpenOffice.org's success has been its ability
to compete openly and freely with competitors on any platform, and
demonstrate that FOSS is a better choice.
[...]
The OpenOffice.org Community Council has been asked by the FSF to give the
FSF an effective veto over which extensions should be permitted to appear
in this repository. The Community Council has felt unable to do this. 
[...]
The OpenOffice.org Community Council regrets that the FSF was unable to
accept our compromise proposals for a more clearly signposted extensions
repository. We believe the creation of an alternative repository will
cause confusion and will lead to a poorer experience for users. [...]

Hier - auf diesem begrenzten Gebiet - gebe ich Dir Recht: OOo hat damals anders
entschieden, als die Frage nach kommerziellen Extensions auf der OOo-Extensions-Site
aufkam. 

Für TDF wird es eine Trennung geben: Freie Lizenzen (soweit mir bekannt ist, 
werden hier alle freien Lizenzen möglich sein, nicht nur FSF-konforme) auf der "normalen"
Extensions-Site, für kommerzielle und nicht-freie Lizenzen ist eine Marktplatz-Seite
angedacht, die dann auch eine Bezahl-Funktion beinhalten soll.

Ich weiß von keinerlei Veto-Recht des FSF über die Extensions, die im 
LibreOfifce-Repository angeboten werden sollen - und ich kann mir nicht 
vorstellen, dass das jetzige Steering Committee oder ein zukünftiges Board
of Directors hier so weitgehende Zugeständnisse machen würde.

Der Kurs der TDF ist hierbei sicherlich auch nicht bestimmt durch 'gefühlmäßiges' 
Vorgehen der Gründer, sondern ist eher planmäßig und zielgerichtet, wie inzwischen 
jeder erkennen kann der die Geschehnisse verfolgt.

Das ist inhaltlich wiederum völlig richtig: Keiner der Gründer wird so blauäugig gewesen
sein, um mit einer rein "gefühlsmäßigen" Strategie die OOo-Community in eine 
Zukunft zu führen, bei der die Abhängigkeit von einem einzelnen Hauptsponsor 
reduziert werden sollte und für den Fall der Aufgabe von OOo durch Oracle das Loch
einer fehlenden Infrastruktur abgefedert werden könnte.

Deine unterschwellige Behauptung, diese Planungen gingen in die Richtung der FSF
(Ziel: GPL mit viraler Verbreitung des "wahren" freien Codes), sind aber in meinen
Augen völlig aus der Luft gegriffen. Die Entwicklung von LibreOffice (u.a. mit dem
neuen Lizenzmodell LGPL3+/MPL) spriciht hier eine ganz andere, anwender- und 
unternehmensfreundliche Sprache!

(Falls das jemandem nicht klar sein sollte: Das ist nur meine persönliche Meinung, die 
ich mir aufgrund von Aussagen und Veröffentlichungen verschiedener zentral in LibO und 
TDF arbeitenden Community-Mitgliedern gebildet habe. Wer will, kann gerne angeben, ob
dies auch seinem/ihrem Eindruck entspricht, aber vielleicht ist es ja auch gar nicht nötig, 
noch vor der anstehenden Board of Directors-Wahl ein solches Stimmungsbild zu erhalten.
Das zukünftige BoD wird von der Gesamheit der zu LibreOffice Beitragenden gewählt und
somit auch deren Ziele in dieser Hinsicht vertreten.)

Herzlichen Gruß

Bernhard
 ... der sich wieder in den Urlaub verabschiedet ...




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