hallo christoph,
Am 12.01.2011 20:31, schrieb Christoph Noack:
Hallo Irmhild,
Danke für Deine Mail - und das Lesen im Wiki :-)
gerne :-) (und danke für die guten Wünsche!)
Ich habe Deine Mail (und auch die vorangegangenen) mehrfach gelesen und
irgendwie das Gefühl: einerseits ist es interessant - aber andererseits
habe ich irgendwie den Faden verloren (oder ihn nie gehabt).
Deswegen nochmal von vorne, sozusagen. Du hast im wiki u.a. geschrieben:
"LibreOffice aims to be a great tool for people to let them create, edit
and share any kind of information - enabling them to turn their ideas
into documents. But offering that much capability doesn't require the
software be complicated for all the different users ... The LibreOffice
Design Team wants to "Make it just work, and look great, too!" by
offering User Experience Design and Visual Identity Design."
In Deiner Mail schreibst Du (dazu) u.a.
...
Aktuell geht es ja eher darum, wie man zu solchen Erkenntnissen kommt -
und wie man die Entwickler (bzw. alle im Projekt) sinnvoll unterstützt.
Schauen wir mal, vielleicht sind das ganz gute Beispiele als
Ausgangspunkt. Wie jeder Vortragende habe ich natürlich noch keine
Ahnung was genau da rein soll :-)
...
Mmh, das wäre ein schönes Beispiel für den Vortrag: Wie komplex sind
Dokumente? Wie spezifiziert man komplex? Wie bildet man die Wahrnehmung
des Anwenders nach?
...
Beides, die Frage wie man zu solchen Erkenntnissen kommt und auch die
Spezifikation von Komplexität sind - auch für mich - interessante und
wichtige Themen. Ist das hier der richtige Ort es zu diskutieren?
Zur Spezifikation von Komplexität habe ich einiges anzubieten -
interessiert Dich das? Und wenn ja: was?
Machen wir mal genau mit diesem Beispiel weiter:
(nur ein Beispiel: ich habe
irgendwo schon den Wunsch gelesen, Videos und Videobearbeitung(!) in LO
zu ermöglichen - das halte ich persönlich für absurd).
Tja, ich kann das ganz gut nachvollziehen. Blöder Vergleich: Fast jedes
kleine Handy kann heute Videos schneiden (oder wenigstens deren
Anfangs-/Endpunkte) setzen. Gleichzeitig werden Programme wie
Impress/Powerpoint als Dokumentation innerhalb von Firmen eingesetzt (z.
B. Prüfstandsvideos und Messdaten visualisieren). Ein paar
Basisfunktionen würden da schon helfen ... nur kann ich Dir leider nicht
sagen, wie "stark" das wirklich gefordert ist.
Hier stecken nämlich ein Vielzahl von unterschiedlichen Argumenten und
Perspektiven und damit auch Sichten auf Werkzeuge (hier: LO) drin, die
für den einen (Anwender) eine "Selbstverständlichkeit" und für den
anderen (Programmierer++) eine komplexe (oder nur komplizierte?)
Herausforderung sind.
Wir sehen auch von der GrundsatzDiskussion "eierlegende Wollmilchsau"
vs. "small is beautiful" ab und lassen auch Argumente wie "*ich* brauche
das [nicht], also muss das Programm das [nicht] können" oder "Programm
XYZ kann das auch, also muss LO das auch" beiseite, was bleibt denn
dann, gerade in Bezug auf UX und im Spannungsfeld zwischen
"Nutzungserlebnis" und "Usability" auf der einen sowie Aufwänden und
Anforderungen auf der anderen Seite?
Nutzungserlebnis: Klar, in dem von Dir geschilderten Fall Dokumentation
und Visualisierung durch/mit Prüfstandvideos: es wäre einfach nur
praktisch und vermutlich auch mit wenigen Funktionen (in LO) getan.
Usability: Schon schwieriger. Ich erinnere mich an mehrere endlose,
immer wieder aufflammende Diskussion auf der OOo-User-Liste die um das
Einfügen und vor allem Beschneiden/Bearbeiten von Grafiken (in
Writer-Dokumente) gingen. Da gingen nämlich einige Dinge durcheinander:
Fragen der Bedienbarkeit (sowohl im Sinne dessen, was das Programm da
anbietet, also auch im Sinne der Kenntnisse und Fähigkeiten der Nutzer)
- Grenzen des Bildbearbeitungstools und auch seiner Einbindung -
mindestens ein Fehler in den mit einem anderen Programm erzeugten
Grafiken (jpg).
Hier stößt man (scheinbar?) schnell an Grenzen dessen was sinnvoll,
machbar, möglich ist. Zumal, wenn "intuitive" Bedienbarkeit sein soll.
Der Nutzer sagt: "ich will doch nur ... und auf meinem Handy ist das
doch auch kein Problem".
Anforderungen: Hier meine ich vor allem System/HW-Anforderungen, die ja
gerade bei Grafik- und Videobearbeitung gerne mal exponentiell steigen
und damit Erlebnisse "wie früher" ermöglichen ;-)
Hier scheint mittlerweile fast alles (darauf bezog sich mein "absurd")
für Selbstverständlich gehalten zu werden. Einerseits kein Wunder, aber
trotzdem: eine OfficeSuite mit Videobearbeitung?
Aufwände: Hier meine ich die Entwicklungsaufwände i.w.S. Das betrifft
natürlich zum einen die Programmierung. Zum anderen aber auch eben die
Frage, die Dich wohl interessiert, nämlich nach Nutzererlebnis, -
erfahrungen usw. Und hier wird es tatsächlich ebenso kompliziert wie
komplex: denn *den* Nutzer gibt es bekanntlich nicht, es gibt Anfänger
und Experten, sowie solche, die sich dafür halten; es gibt Unerfahrene
und Erfahrene (aber erfahren mit ganz unterschiedlichen Dingen); es gibt
"Schulungen" und "learning by doing"; Shortcut-Liebhaber und
Tastaturhasser usw. Entscheidend dabei aber: (fast) jeder Nutzer hält
das, was er/sie machen will und wie er/sie es machen will für das
Selbstverständlichste von der Welt - das ist einfach menschlich.
Nach meiner Kenntnis gibt es im wesentlichen drei Ansätze, dem zu begegnen:
(1) (Radikale) Beschränkung der Möglichkeiten in Kombination mit (sehr)
durchdachter, spezifischer Nutzerführung - im wesentlichen der
Apple-Ansatz bei iPod etc., früher auch auf den PCs.
(2) SW/Tool ist/wird erklärt als "für professionellen Gebrauch" - dann
ist klar, dass eine Einarbeitung (in welcher Form auch immer)
erforderlich ist. Das ermöglicht dann andererseits jeweils spezifische
Formen von Usability. Typische Beispiele: CAD, professionelle
Videoschnittprogramme, DTP usw. (um mal im hier diskutierten Bereich zu
bleiben). Nach meiner Wahrnehmung scheint dieser Ansatz eher auf dem
absteigenden Ast - die Programm gleichen sich in der Nutzerführung immer
mehr, aber vielleicht täusche ich mich da.
(3) Alles ist möglich. Das ist nach meiner Wahrnehmung typisch für
OfficeProgramme, einschließlich OOo und derzeit auch LO. Sie richten
sich an jedermann/frau, für jeden Zwecke und für jede Nutzungsvorliebe.
Damit stoßen sie natürlich immer wieder an Grenzen. Und damit bin ich
jetzt genau bei Deiner Ausgangsthese angekommen (s.o.)
Mir persönlich scheint das eigentliche Problem im Anspruch und damit die
Lösung in sinnvollen Beschränkungen zu liegen.
Dies nur als - zugegeben wieder recht lang gewordene - Anmerkungen.
Viele Grüße
Irmhild
--
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