UM KOMMUNALE SELBSTVERWALTUNG IN DER DIGITALEN WELT ZU ERHALTEN
Gemeinden ist grundgesetzlich das Recht gewährleistet, alle Angelegenheiten der örtlichen
Gemeinschaft selbstbestimmt
zu regeln [1].
Um Entscheidungsspielraum für diese Selbstbestimmung zu sichern, ist unabhängige Kommunikation eine
Kernvoraussetzung.
Auch ein unmittelbar für die Öffentlichkeit nachvollziehbarer technischer Datenschutz [2] und eine
effektive
Datensicherheit [3] sind wegen unserer zunehmenden digitalen Vernetzung zu wichtigen
Voraussetzungen für eine
selbstbestimmte Verwaltung geworden. Gleichzeitig setzen wir verwaltungsweit verstärkt
informationsverarbeitende
Computersysteme ein, die automatisiert Handlungen vorbereiten und damit menschliche Entscheidungen
ersetzen. Wer diese
Technologien kontrolliert, kontrolliert zu weiten Teilen auch den Entscheidungsspielraum von
kommunalen Akteuren –
seien es Bürgerinnen und Bürger, Behörden oder Unternehmen. Ein Kontrollverlust über diese
Technologien durch
Verlagerung an außerkommunale Akteure gibt diesen eine demokratisch nicht kontrollierbare Macht
über die örtliche
Kommunikationsinfrastruktur.
Die Stadt Dortmund benötigt eine selbstbestimmte IT-Infrastruktur, welche durch die kommunale
Politik steuerbar ist und
das Recht auf informationelle Selbstbestimmung [4] ihrer Bürgerinnen und Bürger schützt. Dazu muss
die Funktionsweise
von Software, welche im öffentlichen Dienst eingesetzt wird, – ähnlich wie bei Gesetzestexten – für
jede Bürgerin und
für jeden Bürger, insbesondere aber für unabhängige, sachverständige Dritte zur ergänzenden
Kontrolle nachvollziehbar
sein. Sie darf aber nicht, wie aktuell nahezu flächendeckend praktiziert, der Öffentlichkeit
entzogen werden. Auch die
IT- und Datensicherheit, welche die Stadt Dortmund gewährleisten muss, wird durch diese
Öffentlichkeit gefestigt.
Freie und Quelloffene Software [5], also Software, deren Quelltext öffentlich einsehbar ist, ist
ein Garant dafür,
dass ein Programm auch wirklich (nur) das tut, was es tun soll. Auch wenn ein Missbrauch der
aktuell verwandten sog.
Closed Source Software [6] derzeit nicht nachgewiesen werden kann, so ist Freie Software doch die
einzige Möglichkeit,
Missbrauch tatsächlich zu verhindern. Einschränkungen der Transparenz und der demokratischen
Kontrollmöglichkeiten
können an anderer Stelle nicht ausgeglichen werden! Die bekannt gewordene Weitergabe von
Sicherheitslücken und Daten
durch IT-Unternehmen an ausländische Geheimdienste zeigt deutlich, dass der Schutz von
öffentlich-rechtlich erzeugten
Daten neu zu konzipieren ist. Bürgerinnen und Bürger, sowie Unternehmen müssen sich darauf
verlassen können, dass ihre
Daten vor unberechtigtem Zugriff sicher sind und ausschließlich datenschutzkonform verarbeitet
werden.
Software, die bei der Stadt Dortmund eingesetzt wird, muss deshalb grundsätzlich quelloffen sein,
um das
Verwaltungshandeln auch technisch auf eine feste demokratische Grundlage zu stellen. DESHALB
UNSERE FORDERUNG: FREIE
SOFTWARE FÜR DIE STADT DORTMUND!
UM DEMOKRATISCHEN IDEALEN GERECHT ZU WERDEN
Schon seit Jahren besteht ein Widerspruch zwischen demokratisch idealen Grundsätzen und der
Nachvollziehbarkeit der
Funktionsweise von aktuell verwandter Software in der öffentlichen Verwaltung. Diese Diskrepanz
wird sich immer
stärker auf die Gesamtgesellschaft auswirken, da sich immer mehr Dienstleistungen weg von einer
Mensch-zu-Mensch-Interaktion hin zum automatisierten Dialog verlagern: Nicht nur, dass immer mehr
Bücher im Internet
gekauft und Reisen online gebucht werden, auch der Kontakt zwischen Bevölkerung und Verwaltung
wird zunehmend über
Computerprogramme bewerkstelligt. Diese Informations- und Kommunikationstechnologien bilden die
Basis für
E-Government [7]-Lösungen. Es geht also um viel mehr, als um die Frage, wie z.B. das
Einwohnermeldeamt mit unseren
Daten umgeht.
UM DER DIGITALEN SPALTUNG ENTGEGENZUWIRKEN
Die Verwendung von Software schließt das Nutzen von Dateiformaten ein. Analog zu Freier Software
wird in diesem
Zusammenhang von Offenen Standards [8] gesprochen. Diese können als universale Sprache der
digitalen Gesellschaft
verstanden werden.
Erst durch eine gemeinsame Sprache, kann jeder Mensch nach eigenem Interesse und eigenen
Fähigkeiten an einem
gesellschaftlichen Dialog teilnehmen. Weil nur durch eine vielfältige Teilnahme an diesem Dialog
eine dynamische und
nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung ermöglicht wird, ist der Vergleich einer gemeinsamen
Sprache mit Offenen
Standards wichtig. Dieses Verständnis bedeutet auch, dass eine Gesellschaft gespalten wird, wenn
nicht jeder Mensch
ihre Sprache verwenden kann.
Da Offene Standards als universale Sprache der digitalen Gesellschaft keine Bürgerin, keinen
Bürger, keine Behörde und
kein Unternehmen dazu drängen Software eines bestimmten Herstellers zu erwerben, nur um Dokumente
der Stadt Dortmund
lesen zu können bzw. kommunikative Anbindung an die Stadt Dortmund zu erhalten, schließen Offene
Standards niemanden
aus und wirken so einer digitalen Spaltung [9] der Gesellschaft entgegen.
UM ANBIETERABHÄNGIGKEIT VORZUBEUGEN UND DIE KOSTEN DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG ZU REDUZIEREN
Offene Standards unterliegen keinen gewerblichen Schutzrechten [10]. Das bedeutet, dass es kein
Monopol auf Offene
Standards geben kann. Dies ist entscheidend, denn der Inhaber eines Monopols auf einen Standard
kann Datenaustausch auf
rechtlichem Wege einschränken, indem er ihn nur für eine gewisse Gruppe von Lizenznehmern erlaubt.
Da kommunale
Verwaltungen ihre Dienste in der Regel langfristig anbieten und eine Umstellung der verwandten
Formate mit erheblichem
Aufwand verbunden ist, werden Verwaltungen von den Rechteinhabern eines Standards abhängig.
Abhängigkeiten wie diese
begünstigen wiederum steigende Preise aufgrund dieser Monopolstellungen.
Freie Software beugt zusätzlich zu Offenen Standards einer Monopolisierung vor, indem bei einem
Hersteller in Auftrag
gegebene Projekte durch andere Vertragspartner fortgeführt werden können – denn bei Freier Software
ist der Quelltext
öffentlich verfügbar und darf uneingeschränkt weiterentwickelt werden. Eine Vielfalt von Anbietern
ermöglicht somit
eine kostengünstige und stabile Bereitstellung von Softwareprodukten bei bekannter Rechtssicherheit.
Zudem wird der freie Austausch von Software zwischen Kommunen durch Freie Lizenzen ermöglicht.
Dadurch können Synergien
[11] genutzt werden, um dringend benötigte Kostensenkungen zu realisieren.
EINBLICK
Bildung und Zugang zu Wissen sind Grundrechte von zunehmender Bedeutung. Deshalb ist eine
kalkulierte Einführung
technischer Barrieren, welche Bildung und Wissenszugang beschränken, ein Vergehen an der
Allgemeinheit. Demokratische
Teilnahme am öffentlichen Geschehen ist immer auf offenen Zugang zu Wissensbeständen angewiesen.
Deshalb geht es bei
der Auswahl von Software um nicht weniger, als um den Schutz unserer Grundrechte.
Weil Technikeinsatz als dienendes Instrument und nicht als autoritär-administrierende Fernsteuerung
zu konzipieren ist,
muss eine demokratische Gesellschaft auch hier Mitbestimmungsrechte und Koalitionsfreiheit ausüben
können. Daher, und
damit die demokratische Steuerungsfähigkeit unseres Gemeinwesens nicht unterlaufen wird, wollen wir
die
gesellschaftspolitischen Vorteile einer transparenten Softwareausrichtung in das Dortmunder
IT-Konzept intensiv
eingebunden sehen.
Sollte es demokratisch nicht legitimierten Akteuren – wie Konzernen – gelingen, Strategien der
technokratischen [12]
und allgegenwärtigen Einflussnahme fortzuführen, wäre dies eine bedenkliche Entmündigung der
Bürgerinnen und Bürger
und eine Selbstentmachtung von Politik und Verwaltung.
Nicht zuletzt gilt: Was mit öffentlichen Geldern finanziert wird, muss als Allgemeingut für die
Öffentlichkeit
zugänglich sein; so auch Software.
AUSBLICK
Wir verkennen nicht, dass die Softwarearchitektur jeder öffentlichen Verwaltung hochkomplex und in
der Regel
historisch gewachsen ist. Daher ist es herausfordernd, lenkend in diese Struktur einzugreifen.
Dennoch: der Zugang der
Bürgerinnen und Bürger zu Informationen ist in der Informationsgesellschaft [13] ähnlich
elementar, wie die
Grundversorgung mit Wasser oder Strom. Freie Software und Offene Standards sind unersetzlich, um
Bürgerinnen- und
Bürgerrechte ins digitale Zeitalter zu übersetzen und eine öffentliche Daseinsvorsorge [14] für die
Informationsgesellschaft zu verantworten.
Wir halten es für dringend geboten, dass die Stadt Dortmund zukünftig FREIE UND QUELLOFFENE
SOFTWARE GEGENÜBER CLOSED
SOURCE SOFTWARE KONSEQUENT PRIORISIERT UND OFFENE STANDARDS IMPLEMENTIERT. Auf diese Weise wird
die Closed Source
Software der Dortmunder Stadtverwaltung stetig und steuerbar durch Freie Software abgelöst.
Demokratische Gemeinschaft und kommunale Selbstverwaltung in der digitalen Welt erhalten: Freie
Software und Offene
Standards für die Stadt Dortmund!
DANKSAGUNG
Diese Erklärung entwickelt das bereits im September 2008 von ver.di [15] erarbeitete und auf
governet.de [16]
veröffentlichte Berliner Manifest: Öffentliche Dienste 2.0 – Die Daseinsvorsorge in der
Informationsgesellschaft
stärken! [17] fort und konkretisiert es für die Stadt Dortmund.
Viele Grüße Die Redaktion
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Kommunale_Selbstverwaltung_%28Deutschland%29 [2]
https://de.wikipedia.org/wiki/Datenschutz [3] https://de.wikipedia.org/wiki/Informationssicherheit
[4]
https://de.wikipedia.org/wiki/Informationelle_Selbstbestimmung [5]
https://de.wikipedia.org/wiki/Freie_Software [6]
https://de.wikipedia.org/wiki/Propriet%C3%A4re_Software [7]
https://de.wikipedia.org/wiki/E-Government [8]
https://de.wikipedia.org/wiki/Offener_Standard [9] https://de.wikipedia.org/wiki/Digitale_Kluft [10]
https://de.wikipedia.org/wiki/Gewerbliches_Schutzrecht?title=Gewerbliches_Schutzrecht&redirect=no
[11]
https://de.wikipedia.org/wiki/Synergie [12] https://de.wikipedia.org/wiki/Technokratie [13]
https://de.wikipedia.org/wiki/Informationsgesellschaft [14]
https://de.wikipedia.org/wiki/Daseinsvorsorge [15]
http://www.verdi.de/ [16] http://www.governet.de/ [17]
http://www.governet.de/index.php/material/berliner-manifest/
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